Sozialwirtschaft im Fokus: „Man hat das Gefühl gebraucht zu werden“ – 3. Denkwerkstatt des Projektes PMW
Neudietendorf, 20. Juni 2018. Rona Freiberg ist Qualifizierungsentwicklerin beim Paritätischen Thüringen. Sie ist noch relativ neu in der Sozialwirtschaft tätig, war vorher bei der Industrie- und Handelskammer Erfurt im Bereich Ausbildung tätig, danach beim DIHK in Berlin. Das Besondere an der Sozialwirtschaft ist für sie die unmittelbare Arbeit mit den Menschen. „Man bekommt direkt ein Feedback“, sagt sie. Christine Fiedler ist dagegen schon lange in der Branche tätig. Die Geschäftsführerin von parisat vergleicht die Sozialwirtschaft mit einer Katze. „Katzen sind immer die Guten. Der Begriff ist positiv geprägt“, sagt sie. Christine Fiedler macht bei den Mitarbeitenden in der Branche eine hohe Identität mit dem Beruf aus. Sie weist aber auch darauf hin, dass die Sozialwirtschaft zahlreichen, vor allem gesetzlichen Regelungen unterliegt. Das enge Arbeit und Gestaltungsmöglichkeiten häufig genug stark ein. „Aber wir müssen diese Zwänge geduldig hinnehmen – eben wie eine Katze“, fügt sie hinzu. Die Sozialwirtschaft ist in Thüringen eine starke Branche. Was hält Mitarbeitende? Welche Hemmnisse gibt es? Welche Erwartungen? All das stand im Mittelpunkt der dritten Denkwerkstatt des Projektes Personalentwicklung mit Wirkung des Paritätischen Thüringen. Das Projekt unterstützt Unternehmen der Sozialwirtschaft bei der Personalentwicklung.
Witzig-ironisch sind die Tischaufsteller, die auf das Thema einstimmen. „Für alle, die ihre Mitarbeiter wie Nummern behandeln“, steht da beispielsweise und gleich der warnende Hinweis: „Jetzt durchstarten. www.ich-geh-auf-konkurs.de“ Die Alternative wird gleich mitgeliefert: „Für alle, die in ihren Mitarbeitern mehr sehen als eine Zahl – PMW“. In verschiedenen Workshops machen sich die Teilnehmenden dann Gedanken über die Vor- und Nachteile der Branche Sozialwirtschaft. Da heißt es an einem Tisch: „Was nimmt man in Kauf?“. „Man steht ständig unter Beobachtung“, sagt eine Teilnehmerin. Ein anderer beklagt die mediale Darstellung der Branche. Aber auch die Vielzahl von Beratungen und Meetings wird nicht immer als unbedingt positiv eingeschätzt. Und schließlich macht einer noch darauf aufmerksam, dass Lachen und Leid in der Branche ganz eng beieinander liegen – vor allem im Blick auf den Pflegebereich.
Gute Karrierechancen und das Gefühl, gebraucht zu werden sowie Möglichkeiten, sich selbst und seine Persönlichkeit weiterzuentwickeln werden als positive Aspekte angeführt, die Mitarbeitenden das Verbleiben in der Branche erleichtern. Als weitere positive Faktoren werden Vielfältigkeit, Kreativität und Sinnhaftigkeit der Arbeit angeführt.
Wie umfangreich die Branche ist, macht Diana Paschek, die Projektleiterin, an einigen Zahlen deutlich: In Thüringen gibt es etwa 6000 Hilfs- und Dienstleistungsangebote, 1,5 Millionen Thüringer sind potenzielle Kunden, 54.000 Mitarbeitende arbeiten in 5800 Einrichtungen, die Branche trägt mit 4,7 Prozent zur Bruttowertschöpfung in Thüringen bei.
Aber die Sozialwirtschaft leidet auch unter Personalproblemen. Die Fachkräftelücke wird in den nächsten Jahren immer deutlicher spürbar. Und hier will das Projekt PMW den Unternehmen Wege für eine erfolgreiche und nachhaltige Personalentwicklung aufzeigen.
Tags: PMW