Nach dem Brandanschlag von Kahla: Betroffene erfahren Welle der Solidarität - „Politisches Signal aller demokratischen Parteien vor Ort nötig“
Kahla, 16. Februar 2016. Eine Welle der Solidarität erfahren die Betroffenen des Brandanschlags auf das Haus der Demokratie in Kahla. Gleichzeitig fordert die Koordinierungsstelle „Lokaler Aktionsplan“ (LAP) im Saale-Holzland-Kreis dazu auf, die Arbeit mit Projekten für Demokratie, Teilhabe und Weltoffenheit mehr als bisher zu schützen und zu stärken. „Die gewaltsamen Einschüchterungsversuche gegen demokratische Kräfte in Kahla sind auf das Schärfste zu verurteilen“, heißt es in einer Stellungnahme des Aktionsplanes. Der Demokratieladen wird getragen vom Bildungswerk Blitz - einer Mitgliedsorganisation des Paritätischen.
Die SPD-Landtagsfraktion zeigte sich über den Brandanschlag erschüttert. „Durch solche feigen Verbrechen versuchen Feinde der Demokratie immer wieder Angsträume für diejenigen zu erzeugen, die sich für eine freiheitliche, demokratische und tolerante Gesellschaft engagieren. Es liegt an uns allen, dafür zu sorgen, dass diese Strategie der extremen Rechten nicht aufgeht. Es bedarf jetzt eines klaren Zeichens der Solidarität aller demokratischen politischen Kräfte und der Zivilgesellschaft sowie der Unterstützung für die Betroffenen dieser Verbrechen gegen unsere freiheitliche Grundordnung und demokratischen Werte“, so der Fraktionsvorsitzende Matthias Hey. Er begrüßt den Entschluss der örtlichen SPD-Politiker sowie der zuständigen Landtagsabgeordneten Marion Rosin und des Demokratieladens in Einvernehmen mit der Bürgermeisterin der Stadt Kahla, Claudia Nissen-Roth, ein lokales Bündnis für Mitmenschlichkeit, Demokratie und Weltoffenheit gründen zu wollen. Damit wollen die Initiatoren an die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Kahla appellieren, Gesicht gegen politisch motivierte Gewalt und Hetze zu zeigen.
Die Qualität politisch motivierter Gewalt habe mit dem Brandanschlag auf ein Bürgerbüro eine neue, äußerst gefährliche Dimension erreicht, die alle Alarmglocken schrillen lassen muss. Der SPD-Fraktionschef sieht vor dem Hintergrund der Anschläge einen stärkeren Fokus bei der Präventions- und Aufklärungsarbeit und begrüßt in diesem Zusammenhang die Stärkung des Landesprogramms für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit. „Das Landesprogramm sollte politisch motivierte Gewalt noch stärker in den Fokus nehmen und über extremistische Tendenzen jeglicher Art Aufklärungs- und Präventionsarbeit leisten – und das bei allen Altersgruppen “, so Hey.
Susanne Hennig-Wellsow, Vorsitzende der Fraktion „Die Linke“ sagte den Betroffenen im Namen der Fraktion ihre Solidarität und Unterstützung zu. „In der Stadt Kahla versuchen Neonazis seit mehreren Jahren, ein Klima der Angst zu schaffen. Menschen und Einrichtungen, die sich für eine vielfältige und weltoffene Gesellschaft einsetzen werden immer wieder zur Zielscheibe von rechten Bedrohungen oder Übergriffen“, betont die Abgeordnete. In der Region habe rechte Gewalt zudem eine unrühmliche Tradition, sei hier doch der spätere NSU entstanden, der sich aus dem in Ostthüringen gegründeten „Thüringer Heimatschutz“ gebildet habe. Die Polizei sei jetzt gefordert, mit hohem Ermittlungsdruck die Anschläge aufzuklären. Es gelte, die Täter mit aller Strenge zur Verantwortung zu ziehen.
Das allein reiche jedoch nicht aus. „Es braucht mehr mutige Menschen, die in Kahla ihre Stimme erheben, und auch ein politisches Signal aller demokratischen Parteien vor Ort“, mahnt die Fraktionsvorsitzende. Immerhin habe zuletzt einer der beiden Neonazis, die über die NPD-Liste in den Stadtrat von Kahla eingezogen sind, mit der Grafik einer Maschinenpistole zur „Verteidigung Europas“ aufgerufen. Der andere habe zum Barrikadenbau gegen Flüchtlinge aufgefordert. „Hier braucht es eine klare politische Haltung, die Neonazis Grenzen aufzeigt und sich mit Betroffenen neonazistischer Bedrohungen solidarisiert“, so Susanne Hennig-Wellsow.
Scharf verurteilen auch die Grünen den Brandanschlag. Madeleine Henfling, Sprecherin für Strategien gegen Rechtsextremismus und der Fraktionsvorsitzende Dirk Adams sprechen von einer „neuen Qualität der Bedrohung“. „Wer Brandsätze auf Häuser wirft, nimmt die Schädigung von Menschen in Kauf. Es handelt sich aus unserer Sicht nicht nur um eine verabscheuungswürdige Einzeltat. Der Anschlag reiht sich ein in ein seit Monaten rauer werdendes gesellschaftliches Klima, in dem sich Einzelne berufen fühlen, mit Gewalt ihre Ziele durchzusetzen.“
Es sei beunruhigend, dass Büros demokratischer Parteien und Organisationen beschmiert und attackiert werden. „Ebenso Besorgnis erregend ist es, dass die Radikalität in der Gewalt gegenüber Flüchtlingsunterkünften, Geflüchteten und Menschen mit Migrationshintergrund zugenommen hat. Diese Menschenverachtung und Demokratiefeindlichkeit werden wir nicht akzeptieren“, so Henfling. .
„Der feige Angriff gegen den Demokratieladen und das Büro der SPD wendet sich gegen unsere offene und vielfältige Gesellschaft. Diese offen zur Schau gestellte Gewaltbereitschaft ist in keiner Weise hinnehmbar. Wir fordern somit eine umfassende und schnelle Aufklärung“, so Adams.
Tags: Blitz, Demokratieladen, Kahla