Reinhard Müller: "Bei der sozialen Integration jetzt den Turbo anwerfen"
Erfurt, 22. März 2016. Die konkrete soziale Integration der etwa 30.000 Geflüchteten in Thüringen ist eine der zentralen sozialpolitischen Herausforderungen des Jahres 2016. „In den Gemeinschaftsunterkünften hat sich die Lage entspannt, umso mehr ist es an der Zeit, die konkrete soziale Integration zur Erfolgsstory zu machen“, so der Landesgeschäftsführer des Paritätischen, Reinhard Müller. Dazu ist es seiner Meinung nach aber notwendig, dass Politik und Zivilgesellschaft Hand in Hand arbeiten. Die Politik muss die Rahmenbedingungen schaffen, in denen zivilgesellschaftliche Akteure erfolgreich aktiv werden können.
Zur besseren Abstimmung der Aktivitäten und einer stärkeren Einbindung der Zivilgesellschaft schlägt der Paritätische deshalb die Gründung einer Landesarbeitsgemeinschaft Integration vor. Dort sollten auf Landesebene die Aktivitäten und Anstrengungen in Sachen Integration koordiniert werden. Einer solchen Landesarbeitsgemeinschaft könnten außer VertreterInnen von Landespolitik und Zivilgesellschaft beispielsweise auch Sportverbände und andere, in der Integrationspolitik tätige Organisationen angehören. Diese Landesarbeitsgemeinschaft wäre auch Ansprechpartner für die Kommunen.
Der Paritätische setzt außerdem auf eine Integrationskonzeption des Landes, die gemeinsam mit den zivilgesellschaftlichen Akteuren entwickelt werden sollte. Darüber könnte auf einem zweiten Integrationsgipfel umfassend geredet werden.
Ein weiterer Baustein eines erfolgreichen Integrationskonzeptes ist die weitere Qualifizierung von Ehrenamtlichen in der Flüchtlingsarbeit. Diese sollte – so der Paritätische - in den Strukturen der Zivilgesellschaft stattfinden. Der Paritätische hat hier mit der erfolgreichen Ausbildung von Flüchtlingspaten große und positive Erfahrungen gesammelt. Derzeit findet bereits der dritte Kurs statt.
Als einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung bewertet der Paritätische die Berufung von kommunalen Integrationsmanagern. Die Einrichtung dieser Stellen wird vom Land mit drei Millionen Euro bezuschusst. Allerdings verweist der Sozialverband darauf, dass diese Integrationsmanager nur eine Scharnier- und Koordinationsfunktion zu den Aktivitäten der Zivilgesellschaft haben sollten. Auch sollten die Stellen nicht inhaltlich überfrachtet werden, sondern sich weitgehend auf die Intensivierung regionaler Netzwerkarbeit beschränken. Die Organisation von Dialogforen zählt der Verband ebenfalls zu einer der zentralen Aufgaben der Integrationsmanager.
„Wir müssen bei der sozialen Integration jetzt den Turbo anwerfen“, so Müller. Denn: Wenn Geflüchtete nach ihrem Anerkennungsverfahren die Gemeinschaftsunterkünfte verlassen, sind die Kommunen mit ihren integrativen Bemühungen gefordert. Und die können nur gelingen, wenn die Kommunen und die Zivilgesellschaft Hand in Hand zusammenarbeiten. Ein gelungenes Beispiel dafür ist die Arbeit des Family-Clubs in Erfurt am Drosselberg. Im dortigen Wohnquartier konnte auf eine bestehende soziale Infrastruktur für ein neues Projekt „Ankommen im Quartier“ zurückgegriffen werden. Für die mehr als 100 Geflüchteten, die in den Gemeinschaftsunterkünften am Drosselberg wohnen, fanden sich schnell eine Vielzahl ehrenamtlicher HelferInnen, die ihnen den Start in Thüringen nicht nur beim Umgang mit Ämtern, sondern auch bei der Freizeitgestaltung erleichterten. Mehrere „Patenfamilien“ für junge ausländische Geflüchtete haben sich auch bereits gefunden.
„Eine starke Zivilgesellschaft braucht Koordination und gute Rahmenbedingungen.“ In dieser Aufgabe sieht Müller vorrangig die Politik. Die konkrete Gestaltung der Integration sei dann Sache der zivilgesellschaftlichen Akteure, die auf diesem Gebiet in Thüringen sehr viel vorzuweisen haben. Allein beim Paritätischen sind mehr als 30 Mitgliedsorganisationen mit mehreren hundert Ehren- und Hauptamtlichen im Bereich der Flüchtlingshilfe aktiv. Außerdem bietet der Paritätische Weiter- und Fortbildungen für KITA-Beschäftigte, für Sprachpartner, aber auch für Flüchtlingspaten an.
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