Etwa jeder achte Rentner wird in Thüringen 2021 von Altersarmut betroffen sein: Paritätischer für tiefgreifende Reformen
Neudietendorf, 14. April 2016. Die Altersarmut wird in Thüringen bis zum Jahr 2021 drastisch zunehmen, wenn es nicht zu durchgreifenden Reformen im Rentensystem kommt. Der Paritätische prognostiziert in einer aktuellen Modellrechnung der Paritätischen Forschungsstelle, dass die Zahl der armen Rentner in Thüringen sich von 3,3 Prozent im Jahre 2011 auf 8,0 Prozent im Jahre 2021 erhöhen wird. Etwa jeder achte Rentner in Thüringen wird dann von Altersarmut betroffen sein. Vor dem Hintergrund dieser Zahlen begrüßt der Paritätische, dass das Thema Altersarmut auf der politischen Agenda der Bundesregierung wieder nach oben gerutscht ist.
Diese Lawine der Altersarmut kann nach Einschätzung des Landesgeschäftsführers des Paritätischen, Reinhard Müller, nur verhindert werden, wenn es zu konsequenten Reformen kommt. Der Verband fordert daher eine durchgreifende Reform der Altersgrundsicherung und insbesondere eine bedarfsgerechte Erhöhung der Regelsätze, so Reinhard Müller. Bedroht von der Altersarmut sind vor allem ehemals Langzeit- und Mehrfacharbeitslose, deren gebrochene Erwerbsbiografien sich dann in geringen Renten niederschlagen.
Die niedrigsten Altersarmutsquoten bei Rentnern prognostizieren die Experten des Paritätischen für das Jahr 2021 in den Kreisen Hildburghausen (4,2%), Schmalkalden-Meiningen (5,1%), im Wartburgkreis und im Kreis Sonneberg (je 5,5 Prozent) sowie im Wartburgkreis (5,7 Prozent). Thüringen liegt mit einer prognostizierten Armutsquote von 8 Prozent unter dem Schnitt der ostdeutschen Länder mit 10,2 Prozent im Jahr 2021. Innerhalb von zehn Jahren wächst die Altersarmut in Thüringen nach diesen Zahlen um 142 Prozent im Freistaat. Nach der Prognose werden der Kyffhäuserkreis ( + 274 Prozent), der Kreis Schmalkalden-Meiningen (+246 Prozent), der Kreis Nordhausen (+243 Prozent), der Kreis Sömmerda (+231 Prozent) sowie das Altenburger Land (+ 222 Prozent) und der Kreis Gotha (+200 Prozent) am stärksten betroffen sein. Am geringsten fällt der Anstieg der Altersarmut in Jena (+65 Prozent), Eisenach (+ 83 Prozent), Weimar (+89 Prozent) sowie Erfurt (+98 Prozent) aus.
In der Modellrechnung betrachtet die Forschungsstelle des Verbandes die Gruppe derjenigen zwischen 55 und 65 Jahren, die heute bereits Arbeitslosengeld I, Sozialhilfe oder andere Existenzminimumleistungen bzw. Wohngeld beziehen und die mit großer Gewissheit bei Renteneintritt altersarm und auch dann weiterhin auf Unterstützung angewiesen sein werden.
Der Paritätische bekräftigt seine Kritik an der bisherigen Alterssicherungspolitik der Bundesregierung. Auch die im Koalitionsvertrag auf Bundesebene vereinbarte „Solidarische Lebensleistungsrente“, so die Analyse des Verbandes, werde das Problem nicht lösen. Die Hürden für die Inanspruchnahme seien zu hoch und die geplante Rente zu niedrig, um vor Armut im Alter zu schützen. Nötig sei vielmehr eine Reform der Altersgrundsicherung.
Die Regelsätze in der Altersgrundsicherung – inklusive altersspezifischem Mehrbedarf – sei auf 457 Euro zu erhöhen. Stromkosten sollten künftig wie Heiz- und Mietkosten in voller Höhe übernommen werden. Außerdem sollen einmalige Leistungen für größere Anschaffungen gewährt werden. Schließlich fordert der Verband auch großzügige Freibeträge auf Vorsorgeleistungen und Rentenansprüche. Der Verband fordert auch großzügige Freibeträge auf Vorsorgeleistungen und Rentenansprüche. Damit blieben vielen älteren Menschen der Gang aufs Sozialamt erspart und Vorsorge würde sich wieder lohnen, so der Verband.
Die einzelnen Berechnungen für Kreise und kreisfreie Städte finden Sie im Anhang.
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