Mehr psychisch belastete und traumatisierte Kinder in den Kitas
Neudietendorf, 11. November 2016. Die Zahl der psychisch belasteten und traumatisierten Kindern in Kindertagesstätten nimmt ständig zu – und das nicht erst seit der wachsenden Zahl von Kindern mit Fluchterfahrung. Prekäre Lebenslagen der Familien, Armut, Alkohol- und Drogenmissbrauch der Eltern, Gewalterfahrungen – all das hat teilweise schlimme Auswirkungen auf die Psyche von Kindern. In 124.000 Fällen gibt es bundesweit den Verdacht auf Kindswohlgefährdung. Diese Zahl nannte der stellv. Landesgeschäftsführer Steffen Richter bei dem von der Glücksspirale unterstützten Fachtag „Arbeit mit psychisch belasteten und traumatisierten Kindern in der Kindertagesstätte.“
Wie notwendig die Beschäftigung mit diesem Thema ist, zeigte nicht nur das große Interesse an dem Fachtag, sondern drückte sich auch in den intensiven Diskussionen und im Erfahrungsaustausch im Plenum und in den Gesprächen am Rande aus. Denn: Pädagogischen Fachkräften fällt ein professioneller Umgang mit diesen Fällen oftmals schwer und sie fühlen sich über ihre eigenen Belastungsgrenzen hinaus beansprucht.
Die Kinder entwickeln Bewältigungsstrategien der unterschiedlichsten Art, so Richter in seinen einführenden Worten. Einige werden aggressiv, andere ziehen sich ganz zurück, wieder andere schrecken bei jeder Kleinigkeit sofort auf. Und die Erfahrungswerte zeigen, dass etwa ein Drittel der Kinder sich als resilient erweisen, ein weiteres Drittel sich durchschnittlich entwickelt und ein Drittel eine schlechte Entwicklung nimmt. Das Netz der psychosozialen Versorgung von Kindern und Jugendlichen bezeichnete Richter als ausbaufähig.
In der täglichen pädagogischen Arbeit in den Kindertagesstätten begegnen pädagogische Fachkräfte auch sehr herausfordernden Kindern. Der professionelle Umgang damit gehört für ErzieherInnen zum Berufsalltag dazu. Manchmal münden diese Herausforderungen sehr stark in massivste Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern. ErzieherInnen haben oft keine Strategien mehr, damit umzugehen.
Ein biologisches Verständnis von Traumatisierungen vermittelte der Hauptreferent des Tages, Andreas Rothe. Er ist ausgebildeter Traumapädagoge. Seine Kurzdefinition von Trauma: Zu viel, zu schnell, zu heftig. Er schaffte es, die Teilnehmenden zu sensibilisieren und zeigte auch Lösungsansätze auf.
Am Ende des Tages war klar: Für ErzieherInnen ist es von großer Bedeutung die Auslöser für das Erleben von Steuerungsverlust bei traumatisierten Kindern (und auch Eltern) zu erkennen und ihnen achtsam zu begegnen. Sie sollen wohlwollend aber auch klar in den Kontakt mit den Kindern gehen, ihnen verlässlich Beziehung und Halt anzubieten und positive Veränderungsmöglichkeiten und Handlungsstrategien aufzeigen.
Ein genaues Beobachten der eigenen psychischen Gesunderhaltung und ein im Bedarfsfall unbedingtes Weitergeben an andere Professionen muss in sozialen Berufen selbstverständlich beachtet werden.
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