Opfer sexueller Gewalt können weiterhin Hilfe beantragen
Neudietendorf, 5. April 2017. „Sexuelle Gewalt hinterlässt bei den Opfern tiefe Wunden, die – wenn überhaupt – nur schwer heilen.“ Manuela Schwesig, die Bundesfamilienministerin sagt das. Menschen, die in der Kindheit oder Jugend sexuell missbraucht wurden, sind deshalb oft erst in der zweiten Lebenshälfte in der Lage, über ihr Leid zu sprechen und Hilfe in Anspruch zu nehmen. Weil das so ist, wurden die Antragsfristen für Leistungen aus dem Ergänzenden Hilfesystem sexueller Missbrauch (EHS) weiter verlängert. Der Fonds richtet sich an Betroffene, die als Kind oder Jugendliche sexuell missbraucht wurden, entweder im familiären oder im institutionellen Bereich. Das Frauen- und Familienzentrum des Krügervereins in Neudietendorf als Anbieter psychosozialer Beratung macht jetzt auf die Verlängerung dieser Frist aufmerksam.
Antragsberechtigt beim Fonds sind Betroffene, die als Kinder oder Jugendliche sexuell missbraucht wurden – in der Familie, im familiennahen Umfeld oder im institutionellen Bereich. Die Antragsfristen sollten eigentlich im vergangenen Jahr enden, wurden aber verlängert, so dass auch jetzt noch Anträge gestellt werden können.
Zeitliche Voraussetzung für die Antragstellung ist, dass die Tat zwischen 1949 und dem 30. Juni 2013 begangen wurde. Zu diesem Zeitpunkt trat das Gesetz zur Stärkung der Rechte von Opfern sexuellen Missbrauchs in Kraft. Für den Fonds stehen insgesamt mehr als 58 Millionen Euro zur Verfügung. Voraussetzung für Hilfemaßnahmen ist, dass ein nachvollziehbarer Zusammenhang zwischen dem Missbrauch und den heute noch vorhandenen Folgen zu erkennen ist. Betroffene können Sachleistungen in Höhe von bis zu 10.000 Euro beantragen.
Sachleistungen, die beantragt werden können sind beispielsweise
• psychotherapeutische Hilfen, soweit sie über die Leistungen hinausgehen, deren Kosten die gesetzlichen und privaten Krankenversicherungen, die gesetzliche Unfallversicherung oder das Opferentschädigungsgesetz übernehmen
• Kosten im Zusammenhang mit der Aufarbeitung des Missbrauchs (z.B. Nutzung von Angeboten von Selbsthilfeorganisationen)
• die Übernahme der Kosten für eine anerkannte Komplementär- beziehungsweise Fachtherapie. Hierzu zählen Bewegungstherapie, Musiktherapie, Ergotherapie, Kunsttherapie und Tiertherapie.
• Hilfe bei der Beschaffung von Heilmitteln wie zum Beispiel Physiotherapie, Ergotherapie, Bäder, Massagen oder Logopädie und Hilfsmitteln wie Rollstühle, Prothesen, Hörgeräte
• die Förderung von Ausbildungs-, Qualifizierungs- und Weiterbildungsmaßnahmen (zum Beispiel das Nachholen von Schulabschlüssen, die Aufnahme eines Studiums oder Ähnliches). Voraussetzung ist, dass die aktuelle Bildungs- beziehungsweise Berufssituation des Betroffenen/der Betroffenen sich als Folge des sexuellen Missbrauchs darstellt und nach Überzeugung der Geschäftsstelle unter Berücksichtigung des Votums der Clearingstelle durch die gewünschte Maßnahme die individuellen Heilungschancen oder die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben verbessert wird
• sonstige Unterstützung in besonderen Härtefällen (Einzelfallentscheidung)
Zu beachten ist immer der Vorrang des allgemeinen Leistungssystems. Weitere konkrete Informationen sind auf der Webseite des Fonds in den Leitlinien für die Gewährung von Leistungen aus dem Fonds Sexueller Missbrauch im familiären und im institutionellen Bereich zu finden.och immer gehen Anträge bei dem Fonds ein, es war sogar in den vergangenen Monaten ein erhöhtes Antragsaufkommen festzustellen. „Dass immer noch Anträge eingehen, zeigt, wie wichtig es weiterhin ist, den Betroffenen zu helfen“, so Ministerin Schwesig.
Weitere Informationen zum Ergänzenden Hilfesystem und Kontaktadressen in Thüringen finden Sie unter www.fonds-missbrauch.de
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