Modellprojekt biko: Verhütungsmittel für Frauen mit wenig Geld kostenfrei
Erfurt/Artern, 27. April 2017. Erfurt und Artern sind zwei von sieben Standorten des neuen Modellprojekts biko, mit dem pro familia den niedrigschwelligen Zugang zu Verhütungsmitteln erprobt. biko wird vom Bundesfamilienministerium (BMFSFJ) gefördert.Frauen mit Wohnsitz in den beiden Städten und Anspruch auf Sozialleistungen müssen die Kosten für verschreibungspflichtige Verhütungsmittel zukünftig nicht mehr selbst tragen – auch wenn sie über 20 Jahre alt sind. Das Modellprojekt „biko – Beratung, Information und Kostenübernahme bei Verhütung" wird gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und vom pro familia Bundesverbandes e.V. zusammen mit den beteiligten pro familia Beratungsstellen durchgeführt. Es ermöglicht einen niedrigschwelligen Zugang zu verschreibungspflichtigen, sicheren und gut verträglichen Verhütungsmitteln für Frauen, die wenig Geld haben.
Frauen können sich in den pro familia Beratungsstellen in Erfurt, Bahnhofstraße 27/28 und in Artern, Wasserstraß 1, beraten lassen und die Kostenübernahme in Anspruch nehmen. Auch unter den Telefonnummern 0361 3731687 oder per E-Mail bzw. 03446/322064 für Artern können sie sich über biko informieren. Weitere Informationen stehen zudem auf der Webseite www.profamilia.de und www.biko-verhuetung.de zur Verfügung.
„Frauen verändern ihr Verhütungsverhalten, wenn das Geld knapp ist. Bei der Entscheidung für eine Methode werden die Kosten zum entscheidenden Kriterium – nicht aber die eigentlich wichtigen Faktoren Sicherheit oder Verträglichkeit“, sagt Lynne Tunger, Mitarbeiterin der pro familia Beratungsstelle in Erfurt.
Mit dem Modellprojekt möchte pro familia Frauen zu ihrem Recht verhelfen, Verhütungsmittel selbstbestimmt zu wählen. Das entspricht dem Recht auf Verhütung und hilft, Schwangerschaftskonflikte zur vermeiden. Angesprochen sind Empfängerinnen von Leistungen nach dem SGB II, SGB XII, § 6a BKGG, von BAföG, Berufsausbildungshilfen BAB, von Wohngeld oder von Zahlungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Ebenso richtet sich das Angebot an Frauen, deren Einkommen unterhalb der Armutsgrenze liegt. Neben Erfurt wurden als Standorte für das Projekt Erfurt /Artern, Halle (Saale), Lübeck, Ludwigsfelde (Landkreis Teltow-Fläming), Recklinghausen/Marl, Saarbrücken und Wilhelmshaven ausgewählt.
Frauen brauchen für die Kostenübernahme ein Rezept von ihrer Ärztin oder ihrem Arzt. Zusammen mit einem Leistungsnachweis legen sie das Rezept in der pro familia-Beratungsstelle vor. Ihnen wird dann sofort eine Zusage zur Kostenübernahme ausgestellt. Mit dieser Zusage erhalten sie das Mittel ihrer Wahl in der Apotheke kostenfrei. Die Apotheke rechnet direkt mit pro familia ab. Die Frauen müssen nichts bezahlen.
Auf Wunsch können sich die Frauen vertraulich über das Thema Verhütung beraten lassen.
Bei einem Besuch in der pro familia-Beratungssstelle in Erfurt, bei der sie sich über das Projekt „biko“ informierte, sagte Thüringens Sozialministerin Heike Werner: : „Verhütung liegt in den meisten Beziehungen noch immer in der Verantwortung der Frauen. Frauen mit geringem Einkommen entscheiden sich meist für die kostengünstigste Verhütungsmethode unabhängig davon, ob diese auch die verträglichste oder sicherste für sie ist. Deshalb ist das Projekt von pro familia wichtig. Es ermöglicht den Frauen selbstbestimmt über die Verhütungsmethode zu entscheiden.“
Das Modellprojekt soll unter anderem zuverlässige Daten für den tatsächlichen Bedarf an einer Kostenübernahme liefern. Langfristig könnte diese Erhebung die Grundlage für eine bundesweite Regelung bilden.
Hintergrund
Mit der Einführung von Hartz IV entfiel seit 2004 die sogenannte „Hilfe zur Familienplanung“, mit der das Sozialamt bis dahin die Kosten für Verhütungsmittel bei anspruchsberechtigten Frauen übernommen hatte. Seitdem müssen die verschreibungspflichtigen Verhütungsmittel über den Regelsatz von 17 Euro monatlich finanziert werden, der allerdings auch alle anderen, nicht-verschreibungspflichtigen Medikamente und Mittel abdeckt. In einigen Kommunen gibt es Ersatzlösungen durch spezielle Fonds, die allerdings nicht flächendeckend zur Verfügung stehen. . Der pro familia Bundesverband hat sich bereits 2015 in einer deutschlandweiten Kampagne für eine bundesweite, einheitliche Regelung mit Rechtsanspruch auf kostenfreie Verhütungsmittel für Menschen mit geringem Einkommen stark gemacht.
pro familia ist der führende Verband zu Sexualität und Partnerschaft in Deutschland.
pro familia unterhält ein bundesweites Beratungsnetzwerk und informiert mit einem vielfältigen Publikationsangebot die Öffentlichkeit. Der pro familia Bundesverband wird durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend finanziell gefördert.
www.profamilia.de
Mehr zu biko unter www.biko-verhuetung.de
Tags: profamilia