Schulgesetz-Novelle: Wichtige Finanzspritze, aber zentrale Zukunftsfragen bleiben offen
Neudietendorf, 16.12.2025 | Der Paritätische Thüringen bewertet die Verabschiedung der Novelle des Thüringer Schulgesetzes als einen Schritt mit Licht und Schatten. Während die finanzielle Entlastung ein wichtiges Signal ist, bleiben zentrale strukturelle Defizite bestehen und die pädagogische Autonomie freier Schulen gerät zunehmend unter Druck.
Positiv bewertet der Verband den zusätzlichen Mitteleinsatz von rund 13,6 Millionen Euro jährlich sowie die erstmalige Anerkennung von Overhead-Kosten. Diese Maßnahmen tragen realen Kostenentwicklungen Rechnung und waren überfällig. Sie reichen jedoch nicht aus, um die über Jahre entstandenen strukturellen Finanzierungslücken nachhaltig zu schließen. Auch die Sonderzahlung für Schülerkostensätze der Schüler*innen mit besonderen Bedarfen ist nur eine kurzfristige Stabilisierung, keine dauerhafte Lösung.
Besonders kritisch bleibt die anhaltende Unterfinanzierung von Gemeinschaftsschulen und Förderschulen, die sich durch die unzureichende Berücksichtigung der besonderen Bedarfe von Förderschulen und das Fehlen eines eigenen adäquaten Kostensatzes für Gemeinschaftsschulen zeigt.
Diese leisten einen unverzichtbaren Beitrag zur Bildungslandschaft und Inklusion.
Stephan Panhans, Landesgeschäftsführer, erklärt dazu: „Die Novelle lässt gerade die Schulen im Stich, die für Inklusion und individuelle Förderung entscheidend sind. Es ist nicht nachvollziehbar, warum Gemeinschafts- und Förderschulen weiterhin systematisch unterfinanziert werden, obwohl sie einen unverzichtbaren Beitrag zur Bildungslandschaft in Thüringen leisten und oft die einzigen Anbieter vor Ort sind. Hier wird an der falschen Stelle gespart – direkt auf Kosten der Kinder mit besonderen Bedarfen und innovativer Schulkonzepte.“
Gleichzeitig bewertet der Paritätische die zunehmende Verbindlichkeit detaillierter schulordnungsrechtlicher Vorgaben mit großer Sorge. Freie Schulen sind staatlich anerkannte Bildungseinrichtungen, deren innovative Konzepte die Grundlage für das Vertrauen zwischen Eltern, Schulen und Trägern bilden.
Dazu sagt Nicole Offhaus, Referentin für Jugend(sozial)arbeit I Freie Schulen I Migration: „Pädagogische Autonomie ist der Motor für Qualität und Innovation an freien Schulen. Sie ist kein Sonderrecht, sondern ein zentraler Qualitätsfaktor freier Schulen. Wenn der Gesetzgeber diese Freiheit durch überzogene Regulierung einschränkt, besteht die Gefahr, konzeptionelle Vielfalt zu verdrängen, Innovationskraft zu schwächen und zusätzlichen bürokratischen Aufwand zu erzeugen – zulasten von Schulen, Familien und Trägern. Statt auf bürokratische Kontrolle sollten wir mit klaren Rahmenstandards auf die bewährten Konzepte und die hohe Verantwortung der Träger vertrauen, die passgenaue Bildungsangebote für die Kinder und Jugendlichen in Thüringen schaffen.“
Ausblick und klare Forderungen
Der Paritätische Landesverband Thüringen versteht die beschlossene Novelle daher ausdrücklich als Zwischenstand, nicht als Abschluss. In den kommenden Jahren wird er sich weiterhin dafür einsetzen:
• die Finanzierung freier Schulen realitätsgerecht und schulartspezifisch weiterzuentwickeln,
• Abschreibungen als notwendigen Bestandteil nachhaltiger Schulfinanzierung anzuerkennen und
• die pädagogische Autonomie freier Schulen als Voraussetzung für Vielfalt, Qualität und Innovation zu schützen.
Fazit: Die Reform bringt finanzielle Entlastung, lässt aber zentrale strukturelle und pädagogische Fragen offen. Bildungsgerechtigkeit, Inklusion und Vielfalt lassen sich nur sichern, wenn freie Schulen nicht nur finanziell abgesichert, sondern auch in ihrer pädagogischen Verantwortung und Gestaltungsfreiheit ernst genommen werden. Der Paritätische Thüringen wird den weiteren Umsetzungsprozess kritisch begleiten und sich weiterhin für ein starkes, vielfältiges Bildungssystem einsetzen.
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