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Interview mit Stefan Werner, Landesgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Thüringen

Werner StefanStefan Werner (44) ist gebürtiger Erfurter, Vater einer Tochter und seit Januar 2017 Landesgeschäftsführer des größten Wohlfahrtsverbandes Thüringens. Der Paritätische vertritt die Interessen seiner 360 Mitgliedsorganisationen. Das sind Vereine zur Selbsthilfe, eSportvereine, aber auch Träger von Pflegeinrichtungen, Kindergärten, Schulen oder Krankenhäusern.

 

 

Wissen Sie noch, wo Sie am 3. Oktober 1990 waren?

Da muss ich kurz nachdenken. Ich war mit Freunden in Erfurt unterwegs, war ja viel los und eine spannende Zeit.

Was verbinden Sie mit der Wiedervereinigung?

Ich habe Glück gehabt, ich war jung genug, um in das neue System relativ problemlos einzusteigen. Gleichzeitig war ich aber auch alt genug, um zu wissen, was DDR bedeutet und auch zu verstehen, wenn ehemalige DDR-Bürger ihre Lebensleistung anerkannt haben möchten. Zu Recht, übrigens.
Ansonsten ist es eben tatsächlich der berühmte Glücksfall der Geschichte. Zum einen dabei gewesen zu sein und zum anderen für uns alle. Die 30 Jahre sind ja schon voller Erfolge und für sehr viele haben sich die Lebensbedingungen verbessert, von der persönlichen Freiheit ganz zu schweigen. Das bedrückende Gefühl in der Endphase der DDR wird gern vergessen.

 

Aber sicherlich sehen Sie nicht alles nur positiv…

Na ja, wenn man 30 wird, sollte man feiern. Aber das ist ja auch ein Datum, dass gern mit dem dann unumkehrbaren Erwachsensein verbunden wird. Und da zieht man ja auch schon mal Bilanz. Nein nicht alles ist positiv. Das ist ja klar. Die Lebensverhältnisse zwischen Ost und West sind immer noch zu weit auseinander. Und schon allein, dass wir in diesem Zusammenhang immer noch von Ost und West reden, zeigt das auch vorhandene mentale Problem. Sorge bereitet mir, dass ich auch heute noch wahrnehme, dass das Interessen an der Geschichte des jeweils anderen abnimmt, der gegenseitige Respekt und das Verständnis fehlt. Das führt zu Problemen. Helfen würde sicherlich, wenn die Bundesregierung zu den Fehlern bei der Wiedervereinigung stehen würde und Schlüsse daraus ziehen würde. Ein anderes Problem ist, dass wir auch die Probleme der ehemaligen Bundesrepublik mit übernommen haben, insbesondere bei den sozialen Fragen.

 

Die DDR an dieser Stelle zu übernehmen, wäre ja aber keine Alternative gewesen.

Davon spreche ich nicht. Aber das z. B: Bildung heute immer noch vom Einkommen der Eltern abhängt, ist einfach falsch. Spätestens da muss Chancengleichheit beginnen. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit – auch noch keine Realität. Und die Lohnunterschiede zwischen Ost und West sind heute auch nicht mehr vermittelbar. Damit meine ich nicht, dass die Löhne in München mit den hohen Lebenskosten die gleichen sein sollen wie in Apolda, aber das sich der Schritt über die ehemalige Grenze direkt in Geld ausdrücken lässt, ist ein Problem für uns, insbesondere bei der Fachkräftesuche. Und vielleicht noch ein Punkt – die Unterwerfung der Pflege unter quasi marktwirtschaftlichen Regeln hat letztlich niemandem geholfen. Im Gegenteil, die Kosten sind nicht gesunken.

 

Aber es besteht noch Hoffnung?

Ich hatte ja vorhin gesagt, der 30ste ist ein guter Zeitpunkt für eine Bilanz und einen Ausblick. Von daher, bin ich in keinster Weise hoffnungslos. Wir sollten uns nur ehrlich in die Augen sehen und es besser machen. Dazu gehört auch alten Vorstellungen und Prinzipien in Frage zu stellen und neue Antworten auf die sozialen Fragen geben. Der Paritätische hat dazu viele Vorschläge gemacht. Ein Punkt noch, der mir sehr wichtig ist – dass rechte Strömungen und Rechtsextremismus derart Akzeptanz und auch Unterstützung finden, dass wir es nicht schaffen, anständig mit dem Flüchtlingsproblem umzugehen, das bereitet mir schlaflose Nächte.

Illustration: Christian Kirchner

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